Reisetagebuch aus Burkina Faso

01. Juni 2016, Ouagadougou

Belgische und burkinische Milchproduzent/innen: Alle sitzen im gleichen Boot

Heute ging es los im Ministerium für Tierressourcen. Auf der Agenda: ein Workshop zum Erfahrungsaustausch zwischen Milchproduzent/innen aus dem Norden und dem Süden sowie einer Reihe von Partnerorganisationen wie dem Branchenverband oder dem Netzwerk bäuerlicher Organisationen in Westafrika. Politiker/innen waren nicht anwesend.

Anfangs dachte ich, die Diskussionen würden nichts bringen. Das Gegenteil war jedoch der Fall, denn das Treffen schloss mit klaren und starken Forderungen.

Zu allererst fordern die burkinischen Produzent/innen die Erhöhung der Importzölle für Milchpulver, die heute gerade einmal fünf Prozent betragen. Die Einnahmen aus dieser Erhöhung sollen in die Entwicklung der heimischen Wirtschaft fließen. Das ist in zweifacher Hinsicht ein guter Vorstoß für Burkina Faso: Die Europäer/innen müssten dadurch höhere Zölle zahlen, was sie davon abhalten würde, den dortigen Markt zu überschwemmen; gleichzeitig könnten die Burkiner/innen ihren heimischen Markt entwickeln.

Mit ihrem zweiten Vorschlag unterstützen uns die Kolleg/innen aus dem Süden in unseren Forderungen, den europäischen Markt zu regulieren, um eine Überproduktion zu vermeiden und gerechte Preise sicherzustellen. Ihre Position bestärkt uns in unserem zähen Ringen gegen die Großmolkereien und die europäischen Entscheidungsträger/innen.

Ich hatte nicht damit gerechnet, aber alle am heutigen Treffen Beteiligten haben auch ihre Unterstützung für den heimischen Markt bekräftigt. Und zwar ganz konkret! Sie wollen beispielsweise, dass Gästen bei allen offiziellen Anlässen heimische Milch und Milcherzeugnisse serviert werden, einschließlich Fairefaso, die neue Marke für faire Milch, die wir unterstützen. Das wäre ein großer Schritt, wenn sich all diese Wünsche erfüllen würden ... Wenn ich mir vorstelle, unsere wallonischen Politiker/innen würden uns auf diesem Weg folgen: Die Milch Fairebel, ebenfalls eine fair gehandelte Milch, würde an Krankenhäuser vertrieben werden, Schulen, Erholungsheime und andere Einrichtungen!

Eindeutiges Fazit des Treffens: Egal ob Produzent/in aus dem Süden oder aus dem Norden, wir fordern alle das Gleiche. Unsere Länder gleichen sich zwar so wenig wie Tag und Nacht. Nichtsdestotrotz sind die Probleme der Bäuerinnen und Bauern identisch. Und mit der Meinung stehe ich nicht alleine da. Die französischen und deutschen Landwirtinnen und Landwirte, die an diesem Treffen teilnahmen, sind der gleichen Auffassung ebenso wie die Vertreter/innen der burkinischen Landwirtschaft. Gemeinsam sind wir stark! Diese Art des Austauschs ist wirklich nützlich, um die bäuerliche Landwirtschaft zu unterstützen, die ich seit fast zehn Jahren verteidige.

Nach einer üppigen Portion Reis mit Hühnchen haben wir die Arbeit fortgesetzt. Aus reiner Neugierde sind wir in ein Restaurant gegangen, in dem es Milcherzeugnisse gab. Die Chefin hat uns die Produktionsräume gezeigt, wo sie täglich 2.000 kleine Beutel Degue fertigt, eine Mischung aus gesüßtem Joghurt mit Perlhirse. Böse Überraschung: Alle Joghurts werden mit importiertem Milchpulver hergestellt. Ich konnte einen Blick auf ihre Vorräte mit zig 25-kg-Säcken werfen. Um es kurz zu fassen: In zwei Tagen habe ich zwei entgegengesetzte Welten gesehen: gestern die einheimische Milch von Fairefaso und heute Nachmittag Hunderte Kilo importiertes Milchpulver.

Jetzt steht der Weltmilchtag an. Falls alles klappt, werde ich den burkinischen Landwirtschaftsminister treffen. Und dann werde ich ihn eingehend zu dem Thema befragen.

Erwin

01. Juni 2016, Ouagadougou
01. Juni 2016, Ouagadougou
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